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Nachtigall - Sänger mit ungewisser Zukunft

 

Ab Ende April singt sie wieder: die Nachtigall. Aber wer hat diesen bekanntesten - und wohl auch talentiertesten - unserer gefiederten Gesangeskünstler schon einmal zu hören bekommen? Es ist noch nicht lange her, da war dieser unscheinbare Vogel in ganz Deutschland außerhalb der höheren Mittelgebirge weit verbreitet. Heute wird der Gesamtbestand auf 95.000 Brutpaare geschätzt. In Bayern finden nur noch zwischen 1.000 und 2.500 Brutpaare einen geeigneten Nistplatz. Auch im Heimatland von Shakespeare, der diesem Nachtsänger das wohl bekannteste literarische Denkmal gesetzt hat (Julia zu Romeo: "Es ist die Nachtigall und nicht die Lerche."), in Großbritannien, brüten nach einem dramatischen Rückgang der Bestände von 60% allein zwischen 1995 bis 2009* nur noch etwa 7.500 Brutpaare [externer link: British Trust for Ornithology].

Der Rückgang der Nachtigall geht einher mit einer beispiellosen Intensivierung der Landwirtschaft und der damit verbundenen Ausräumung der Landschaft, denn Nachtigallen sind nicht anspruchsvoll: Verwilderte Gebüschstreifen mit dichter Bodenvegetation an Waldrändern, Wassergräben oder Wegrändern dienen ihnen als Lebensraum. Aber es wäre zu einfach, nur diesen einen Faktor für den Einbruch der Bestände verantwortlich zu machen. Als Langstreckenzieher ist die Nachtigall vielen Gefahren ausgesetzt, wie der meist illegalen Jagd in Italien, Zypern, Griechenland, Spanien, Malta oder Nordafrika. Auch ökologische Veränderungen in ihren Winterquartieren mögen eine Rolle spielen.

 

Stundenlang kann man dem Gesang einer Nachtigall lauschen, ohne dass der Beobachter diesen schlicht gefärbten Vogel im dichten Gebüsch auch nur einmal zu Gesicht bekommt. Hier ein Weibchen beim Nestbau. Die Aufnahme entstand im Donauried, wo an einigen Stellen feuchte Gebüsche mit viel Unterwuchs noch tragfähige Lebensräume bieten.

 

 
*Risely, K., Renwick, A.R., Dadam, D., Eaton, M.A., Johnston, A., Baillie, S.R., Musgrove, A.J. & Noble, D.G.(2011) The Breeding Bird Survey 2010. BTO Research Report 597. British Trust for Ornithology, Thetford.