Frühlingsgeophyten
Mit der Blüte der Märzenbecher beginnt der Frühling im Wald
Schön dass Sie sich von diesem abschreckenden Fachausdruck nicht haben abschrecken lassen. Frühlingsgeophyten - was sind das denn für Gestalten? Nun, haben Sie sich schon einmal gefragt, warum schon im zeitigen Frühling der Boden unserer Laubwälder mit einem vielfarbigen Blütenmeer bedeckt ist, aber im Sommer nur sehr wenige Blumen den oft kahlen Erdboden schmücken? Beide Fragen haben eine gemeinsame Antwort, die ein kleines Wunder der Anpassung des Lebens an ihre Umgebungsbedingungen dokumentiert - und das direkt vor unserer Haustür.
Jetzt einmal Schritt für Schritt: Ungefähr Mitte April bis Anfang Mai, je nach Witterung und Höhenlage, beginnen unsere großen Laubbäume - Eiche, Esche oder Buche - Blätter zu treiben. Innerhalb kurzer Zeit entfaltet sich ein nahezu lichtundurchlässiges grünes Zelt über dem Waldboden. Es wird richtig dunkel. Grüne Pflanzen, die ja für ihr Wachstum auf der Umwandlung von Licht in Kohlenhydrate angewiesen sind, haben hier kaum eine Chance. Im Winterhalbjahr ist der Wald dagegen bis auf den Boden von Sonne durchflutet. Dann allerdings ist es den meisten Pflanzen zu kalt. Allerdings verbleibt ein kurzes Zeitfenster zwischen Schneeschmelze und Belaubung der Baumkronen, den Bodenpflanzen für ihre Entwicklung nutzen können. Aber die Zeit ist knapp! Kaum ist der Schnee verschwunden, erscheinen daher auch schon Schneeglöckchen, Märzenbecher und Blaustern, schnell gefolgt von Weißen und Gelben Buschwindröschen, Primeln, Lungenblumen, Maiglöckchen und Bärlauch. Oft ist der gesamte Waldboden von einem vielblütigen, bunten Blütenteppich bedeckt. Die Kraft ziehen diese Geophyten aus Zwiebeln und Knollen, in denen in der kurzen Vegetationsperiode Nährstoffe gespeichert werden, die bis zu 10 Monate vorhalten müssen - bis zum nächsten Frühling.
Blaustern (Scilla bifolia) und Wald-Gelbstern (Gagea lutea) bilden einen Blütenteppich
Wenn der Bärlauch im Mai verblüht ist, dann schließt sich das Kronendach der Laubblätter und am Waldboden beginnt der Sommer - die "dunkle Jahreszeit" des Waldes.